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Süße, kleine Törtchen

Vierzehn kleine, süße Törtchen bietet Milena Aguilar zum Betrachen an, gerade mal 10 mal 14 Zentimeter, auf billiges Sperrholz mit feinem Pinsel in Öl gemalt. Sie hat sie sowenig aus der Phantasie geformt wie die Holländer im 18. Jahrhundert ihre Stilleben mit Hummer, Früchten und Blumen. Milena Aguilars Vorlagen stammen aus der Konfiserie.

Das also ist von der üppigen bürgerlichen Mahlzeit geblieben, scheint dieser Spaß zu besagen, ungesunde Kalorienbömbchen. Jedes der ohne Rahmen an die Wand gehangenen Bildchen kann immer nur von einem einzelnen angeschaut werden. Vielleicht soll man auch darüber nachdenken.

Überhaupt zählt die 1968 in Linz geborene Künstlerin, die in Braunschweig studierte und seit kurzem in Berlin wohnt, mit einem Bein aber in der spanischen Heimat ihrer Mutter zu Hause ist, zu den heiteren Grüblern. In ihren etwas größeren Radierungen, die ihre handwerkliche Raffinesse noch deutlicher offenbaren, bringt die Halbspanierin Plastikfigürchen kampfbereiter Soldaten, mit denen das Kriegspielen im Kinderzimmer anfängt, in Verbindung zu Motten, Schmetterlingen, Libellen, Fliegen und andern, meist unangenehmen Insekten. Tote Flügel senken sich über ihre Streitäxte und Gewehre schwendenden Männer – wenn das kein spanisches Thema ist.

Die Avantgarde, deren im Gestrüpp der Postmoderne versteckte Pfade die kleine Galerie von Michael Behn auffinden helfen will, provoziert heute mit scheinbar altmodischen Kunstfiguren. Dekorative Törtchen und staubigen Insektenflügel liegen näher beieinander, als der Optimist wahrhaben will. Und harte Männer verlangt es zuweilen nach süßer Stärkung. Milena Aguilars Versuche lösen vielerlei Assoziationen aus. Ihre Symbolsprache spannt vor den Karren des Verstandes und führt ins Licht hellwacher Träume.

Hans-Jörg Rother, Frankfurter Allgemeine, 22. Mai 2002

 

Petit Fours

So "richtig zum Reinbeißen" sollen die Objekte sein, die die Österreicherin Milena Aguilar ganz klassisch in Öl malt: die Künstlerin, Jahrgang 1968, bildet – ziemlich nach der natürlichen Erscheinung – kleine Törtchen auf Sperrholztafeln ab.

Diese Tafeln haben immer das gleiche Format, nämlich 10 mal 12 Zentimeter, und immer zeigen sie nicht nur Abbildungen von Törtchen, sondern letztendlich Zitate der Kunstgeschichte, Erinnerungen an die reiche Historie des Stilllebens: Die Illusion aber bricht sich spätestens dann, wenn man das Verführerische als Waffe der Werbeindustrie enttarnt hat, die Aguilar ironisch zu führen weiß.

Berliner Zeitung, 2. Mai 2002

 

Zuckerguss und Insektentod

Die kulinarische Weinachtsorgien sind überstanden, die "guten Vorsätze" gefasst - doch süße Verlockungen lauern bereits wieder an allen Ecken! Milena Aguilar beispielsweise präsentiert uns ein ganzes Sortiment ausgesuchter "Petits Fours". Kleinfortmatige Köstlichkeiten feinster Zuckerbäckerkunst stehlen sich in der Galerie Delank gegenseitig die Schau: Kuchen mit buntem Zuckerguss, Pralinen, kandierte Äpfel, delikate Cremes, üppig beladene Fruchtschiffchen...

Die 1968 in Österreich geborene Künstlerin malt die kunstvoll dekorierten süßen Häppchen auf kleine Holztäfelchen, kreiert malerische Petitessen im Maßstab 1:1. Wobei die Wahl des Sujets eigentlich nicht ungewöhnlich ist, hat doch der Kuchen in der Kunst Tradition. So war feines Backwerk ein beliebtes Sujet der Stilllebenmalerei insbesondere des 18. Jahrhunderts, und in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, kamen vor allem amerikanische Pop-Artisten auf die Torte, wie etwa Wayne Thiebaud, der Kuchen und andere Speisen mit klarem Malgestus wirkungsvoll auf die Leinwand brachte.

Milena Aguilar versucht in ihren Bildern jedoch nicht den großen Wurf, sondern arbeitet im Kleinen. Ihr Interesse gilt der Form, Farbe, und Struktur der Konditorwaren die sie zu ganz unterschiedlichen malerischen Kompositionen und Interpretationen anregen.

Im Untergeschoss zeigt Claudia Delank – gewissermaßen als Kontrastprogramm – einige von Aguilars düsteren Insekten-Radierungen, auf denen es von Fliegen, Mücken, Schmetterlingen, Wespen, Bienen, Käfern und anderen Getier nur so wimmelt. In immer neuen Variationen arrangiert, wirken diese Insektarien anziehend und gespenstisch zugleich: ein schrecklich-schöner Friedhof toter Tiere.

Milena Aguilar hat seit 1998 einen Lehrauftrag für Künstlerbücher an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig inne. Im letzen Jahr wurde sie mit einem Preis des Madrider Kupferstichkabinetts und dem Kunstpreis der Stadt Madrid ausgezeichnet.

Susanne Boecker, Kölner Stadt-Anzeiger, 5. Januar 2001